Wohnen: Zwischen Privatleben, Politik & Wirtschaft
Wohnen müssen alle. Wohnen ist alternativlos. Und Wohnen ist mehr als nur ein "Dach über dem Kopf". Wohnen ist auch Lifestyle, Politik, Markt und Städtebau. In einer bunten Veranstaltungsreihe wollen wir all diese Facetten des Wohnens ins Zentrum rücken und mit interessierten Städter*innen diskutieren. Sabeth gibt uns im Gespräch Einblicke in die Entwicklung des morgen anlaufenden Wohn-Fokus.
Hallo Sabeth. Sag mal, woran arbeitest du gerade?
Aktuell bin ich zusammen mit dem Stadtmagazin Tsüri.ch mitten in den letzten Vorbereitungen unserer gemeinsamen Veranstaltungsreihe Fokus Wohnen die uns – und hoffentlich auch die Zürcher Stadtbevölkerung – von Ende Februar bis Anfang April auf Trab halten wird.
Wir möchten damit alle möglichen Aspekte des Wohnens thematisieren, die uns beschäftigen: Wohnpolitik, verschiedenste Wohnformen wie aber auch die eher übergeordneten Themen der Gentrifizierung und Verdichtung.
Was interessiert dich als Städterin persönlich am meisten am Wohnen?
Die Art wie, wo und mit wem ich wohne, prägt meinen Lebenslauf massgeblich. Und das gilt wohl irgendwie für uns alle. Das Spannende daran ist, dass das Wohnen sowohl enorm privat als auch enorm politisch ist. Wie wir heute und nicht zuletzt auch in der Zukunft wohnen, wird stark von der Politik und der Wirtschaft gesteuert. Genau diese Schnittstelle und gegenseitige Beeinflussung von “privat” und “öffentlich” finde ich so spannend und diskussionswürdig.
Wohnen ist ein sehr breites Thema: Wo setzt die Urban Equipe ihren Fokus?
Für diese Event-Reihe konzentrieren wir uns auf die Stadt Zürich. Und wir fokussieren bewusst auf eine konstruktive Herangehensweise ans Thema. Wir wollen uns nicht nur über Defizite in der Wohnpolitik, hohe Mietpreise, wenig Wohnraum oder unzeitgemässe Grundrisse beklagen. Lieber wollen wir aktiv etwas zum Thema beisteuern, inspirieren, auf Handlungsspielräume hinweisen und so einen Mehrwert für die Stadt und deren Bewohner*innen schaffen. Ganz einfach gesagt: Je mehr Städter*innen sich im Thema auskennen, desto besser können sie auch Einfluss nehmen – alleine oder gemeinsam.
Welches Ziel habt ihr euch für diese Veranstaltungsreihe gesetzt?
Ich persönlich würde den Fokus Wohnen als Erfolg verbuchen, wenn die Teilnehmenden sowie wir selbst als Veranstalterin etwas dazulernen. Und wenn dadurch der proaktive Funke überspringt und sich das Wohnen durch mehr Bewusstsein ein bisschen weg vom Problem und hin zur Chance entwickelt.
Hast du ein konkretes Beispiel, wie Wohnen zur Chance werden kann?
Es gibt viele Menschen, die mit der lokalen Boden- oder Wohnpolitik unzufrieden sind, aber (noch) nicht wissen, wie sie aktiv werden könnten, um ihrer eigenen Wunsch-Wohnform näher zu kommen. Was spricht aber zum Beispiel dagegen, selber eine Genossenschaft zu gründen oder sich zumindest dafür zu engagieren, dass mehr Privathäuser in genossenschaftlichen Besitz gelangen? Zugegeben kein einfacher Weg, aber es ist einer. Solche Wege und Formen aufzuzeigen respektive zusammen darüber zu diskutieren, ist ein wichtiger Schritt, damit jede und jeder im Kleinen seiner ganz persönlichen Vision näher kommt oder sogar im grösseren Kontext dazu beitragen kann.
Wie ist es zum Wohn-Fokus gekommen?
Letztes Jahr haben wir – damals noch als Nextzürich – gemeinsam mit Tsüri.ch eine Reihe zum Thema Smart City organisiert. Diese Zusammenarbeit war für beide Seiten sehr bereichernd. Tsüri.ch hat eine riesige, interessierte Community, aber ist als Medienportal natürlich nicht Expertin im Thema Stadtentwicklung. Wir kennen uns thematisch gut aus, haben aber keine grosse Reichweite. Perfect Match.
Insofern war klar, dass wir sehr gerne wieder zusammenarbeiten würden, wenn sich erneut ein gemeinsames Thema ergibt. Und das war beim Wohnen dann der Fall.
Wie wurde aus dem gemeinsamen Thema eine ganze Veranstaltungsreihe?
Zuerst haben wir relevante und spannende Fragestellungen zum Thema Wohnen identifiziert. Hier hat uns neben eigenen Erfahrungen auch eine Umfrage innerhalb der Tsüri.ch Community geholfen. Im nächsten Schritt suchten wir nach passenden, tollen, gut umsetzbaren und möglichst interaktiven Formaten, um diesen Fragen nachzugehen. Wir konnten dabei einerseits auf bestehende Formate zurückgreifen: die Pitch Night hat sich als Auftakt bereits bei der Smart City Reihe bewährt und die grosse Nachfrage für das letzte Wohnungs-Hopping von Nextzürich legte eine Wiederholung mit anderen Wohnformen nahe.
Daraus sind schliesslich acht Veranstaltungen und drei Aktionen entstanden. Wo keine passenden Formate gefunden wurden, werden die Fragestellungen entsprechend redaktionell von Tsüri.ch aufgearbeitet.
Worauf freust du dich am meisten?
Ich freue mich speziell auf die Mitmachaktionen zum Thema Miete, Gentrifizierung und Film, die mir alle sehr am Herzen liegen. Ich bin gespannt, ob diese zum fliegen kommen. Obwohl ich schon viele solche Aktionen lanciert habe, bleibt es jedesmal ein Experiment, das auch beim zigsten mal nicht weniger “Nervenkizzel” bedeutet. Denn wenn man darauf angewiesen ist, dass viele Menschen sich eigeninitiativ etwas Zeit nehmen, ist man letztendlich der Lust und Laune unbekannter Menschen ausgeliefert. Und dem Zufall.
Neben der generellen Wirkung: Was wird man vom Wohn-Fokus im Urban Equipment wiederfinden?
So einiges :) Angefangen bei der Dokumentation und How-To’s der getesteten Veranstaltungsformate über Spielanleitungen bis hin zu Design-Vorlagen für das #meinemiete Preisschild. Sprich alles, was wir innerhalb des Wohn-Fokus organisieren oder produzieren, soll danach dokumentiert und für alle zugänglich werden. Damit – wer will – das anderswo oder zu einem anderen Thema kopieren, wiederholen, sich aneignen kann.
Ist in diesem Kontext auch ein Transfer in andere Städte geplant?
Klar, einerseits können getestete Formate einfach von anderen Initiativen adaptiert werden. Aber wir planen natürlich auch selber, die in Zürich getesteten Formate in anderen Städten anzuwenden. Für solche Umsetzungen würden wir dann mit entsprechend lokal verankerten Kompliz*innen zusammenspannen. So zum Beispiel ebenfalls im März in Luzern: gemeinsam mit der Architekturzeitschrift karton veranstalten wir eine Pitch Night zum Thema Stadt-Land im Neubad Luzern.
In Zürich können wir auf ein breites lokales Wissen und Netzwerk zurückgreifen, was das A und O bei der Event-Organisation ist. In anderen Städten könnte genau dieses Wissen von Kompliz*innen eingebracht werden. Wir haben da selber schon einige Ideen. Aber falls sich hier jemand angesprochen fühlt, wir freuen uns immer auf Kontaktaufnahme aus anderen Schweizer Städten.
Wenn du dir zum Thema Wohnen etwas wünschen könntest, was wäre es?
Ganz persönlich? Mein Wohn-Wunschtraum ist es, zusammen mit Freunden mitten in Zürich in einem grossen, flexibel aufteilbaren, genossenschaftlich organisierten Haus zu leben. Mit Garten, Dachterrasse, mit verschiedenen, gemeinsam genutzten Räumen. Am liebsten direkt am Fluss. Mit Rutschbahn vom Dach ins Wasser. Träumen ist ja erlaubt...
Welche Worte fassen deine Arbeit hierzu am besten zusammen?
Wohnen, Wissen teilen, aktiv werden
Über Sabeth...
Wohn - & Lieblingsort? Zürich & überall am Wasser
Lieblingsstadt? Hauptsache Stadt
Hintergrund? Studierte Architektur und Urban Studies, Mitgründerin der Initiativen zURBS, Nextzürich, Hidden Institute, Pavilleon, etc.
Urban Equipe Hut? Gesamtkoordination, Netzwerk
Projekte, die dich inspirieren? Schule für städtisches Handeln von metroZones, Neubad Luzern, Autonome Schule Zürich…