«LABöR Lyss»
Die Gemeinde Lyss schrieb einen Auftrag aus, um das Konzept “Öffentlicher Raum” überarbeiten zu lassen und in einem partizipativen Prozess den öffentlichen Raum mit der Bevölkerung zu gestalten. Die Ausschreibung fokussierte Aufwertung und Belebung des öffentlichen Raums, klimarelevante Aspekte und Aufenthaltsqualität. Gemeinsam mit urbanista.ch schlugen wir einen iterativen, modularen Prozess vor, der auf Grundsätzen von “Testen statt Planen” beruhte.

> Auftraggeberin
Gemeinde Lyss
> Auftrag
Mit dem LABöR LYSS offerierten wir ein mehrstufiges Testlabor im öffentlichen Raum. Dabei soll an einem konkreten Standort durch temporäre Interventionen getestet werden, welche zukünftige Nutzungen und baulichen/planerischen Massnahmen in Lyss sinnvoll und umsetzbar sind. In mehreren Feedback-Schlaufen sollte iterativ immer konkreter bestimmt werden: Was funktioniert? Was funktioniert nicht? Und was funktioniert vielleicht, braucht aber noch Anpassungen? Die gewonnenen Erkenntnisse sollten in ein konkretes Nutzungskonzept für weitere Standorte münden. Der Wunsch der Auftraggebenden lautete: «Wir wollen mutig testen, statt immer nur zu reden».
> Vorgehen Analyse
Nach der Analyse bestehender Planungen führten wir diverse Spaziergänge mit Stakeholder*innen durch, um Umsetzungsorte und Themen für die erste Phase des Testlabors zu definieren.
An einem Begleitgruppen-Treffen sowie bilateralen Gesprächen durch die Gemeindevertretung wurden die bisher erhobenen Bedürfnisse zur Diskussion gestellt. Sie wurden in den Grundzügen bestätigt und kleinere Anpassungen wurden in den Prozess aufgenommen.
> Start Testphase
Im September startete das Testlabor «LABöR LYSS» in der Lysser Bahnhofstrasse und auf dem anschliessenden Monopoliplatz. Dabei wurden die partizipativ beschlossenen Interventionen an drei Tagen im Raum installiert, die Bevölkerung zum Mitbauen eingeladen und Gespräche mit Interessierten vor Ort geführt. Viele Lysser*innen beteiligten sich aktiv an der Mitgestaltung, zeigten sich interessiert, stellten Nachfragen und brachten konstruktive Kritik an.
Die Idee des Testlabor, im Dialog einfacher über konkrete Dinge sprechen zu können als über Pläne und abstrakte Visionen, funktionierte schon innerhalb dieser ersten drei Tage: Beispielsweise konnten für die Kita und die Fahrschule Anpassungen bezüglich ihrem Bedürfnis nach Drop-Off-Parkplätzen direkt umgesetzt werden. Auch in der Nutzung des Platzes und der temporären Aufenthaltsangebote konnte bereits in den ersten Tagen Resonanz beobachtet werden.
> Feedback
Reaktionen aus der Bevölkerung wurden sowohl vor Ort als auch online gesammelt. Es fällt auf, dass das Testlabor unterschiedliche Reaktionen ausgelöst hat, von positiven bis negativen. Das Verhältnis lag deutlich zugunsten des positiven Feedbacks und konstruktiven Verbesserungsvorschlägen. Das negative Feedback wurde jedoch sehr vehement vorgebracht (online sowie in Gesprächen) und drehte sich insbesondere um Befürchtungen von fehlenden Parkplätzen sowie steigenden Lärmemissionen. Das deutlich stärker vertretene positive Feedback zeugte von Freude und Interesse gegenüber den Veränderungen, die vor allem für die Lyssener Bevölkerung als Mehrwert wahrgenommen werden. Dies widerspiegeln auch die Verbesserungsvorschläge, von denen einige einfordern, dass noch mehr in diese Richtung unternommen werden soll.

> Test-Abbruch
Aufgrund der lauten negativen Kritik (insbesondere seitens des Gewerbes an der Bahnhofstrasse) entschied der Gemeinderat zwei Tage nach Abschluss des Aufbaus frühzeitig die Pausierung des Testlabors, die Interventionen im öffentlichen Raum wurden abgebaut. Im weiteren Verlauf sollte der Prozess neu aufgegleist werden, wurde jedoch im April 2023 final abgebrochen.
> Das nehmen wir mit:
- Konflikte sind integrale Bestandteile von Transformationsprozessen. In Testprozessen kommen normalerweise Ängste und Vorbehalte der Bevölkerung ans Licht. Diese sollen ernst genommen werden, indem sie konstruktiv in praktische Aushandlungen geführt werden.
- Diese Aushandlung kann aber nur stattfinden, wenn Tests zu Ende geführt werden, auf sich ändernde Dynamiken eingegangen und laute Partikularinteressen nicht zu stark gewichtet werden.
- Positives Feedback wird oft weniger laut geäussert als negatives. Deswegen gilt es insbesondere auch positiven Stimmen aktiv zuzuhören und durch Beobachtungen und Umfragen zu erheben.
- Ein Testprozess beginnt mit einem Aufschlag, den man diskutieren, verändern, anpassen kann. Es ist
eine lernende Organisation. Dieses Prozessverständnis muss von den Projektbeteiligten und Verantwortlichen verstanden und vertreten werden. - Das Testlabor startete mit guten Vorzeichen. Es gab viele positive Rückmeldungen und erste Bedenken konnten konstruktiv gelöst werden. Wir glauben weiterhin daran, dass solche Prozesse zu gemeinschaftlicher Veränderung führen können.