Spielerisch zur konsensorientierten Verdichtung
Bis es ab Sommer 2019 soweit ist und wir unsere Arbeit in Form unseres Urban Equipments mit euch teilen können, geben wir euch in der Blogreihe "Equipe at Work" bereits Einblicke in unsere laufenden Arbeitsprozesse und damit in die Themen, Fragen und Herausforderungen, die die Urban Equipe beschäftigen. Dies ohne Anspruch, dass alles davon auch genauso umgesetzt wird. Vielmehr sind es persönliche Momentaufnahmen unserer Arbeit, aufgefangen im Gespräch mit den Projektverantwortlichen der Urban Equipe. Den Anfang wagt heute Lars.
Hallo Lars. Sag mal, woran arbeitest du gerade?
Ich tüftle an einem Brettspiel zum Thema städtischer Verdichtung.
Kannst du uns etwas genauer erklären, worum es in diesem Spiel geht?
Wir wollen ein Spiel entwickeln, das Stadtentwicklung und deren Möglichkeiten interessierten Städter*innen näher bringt. Wir möchten damit ein unterhaltsames Instrument schaffen, das die unterschiedlichsten räumlichen Ansprüche und Interessen zur Verdichtung thematisiert. Und dadurch hoffentlich spielerisch Verständnis für die Thematik schaffen.
Du sprichst von "wir". Mit dem arbeitest du zusammen?
Wir sind eine Gruppe von fünf Raumplaner*innen, die sogenannte DENSITY* Gruppe. Unsere Komplizin Nextzürich setzt sich seit 2017 ehrenamtlich in verschiedensten Projekten mit dem Thema Verdichtung auseinander. Und daraus entstand die spielerische Herangehensweise und ganz konkret dann das Conflicity Spielprojekt, das die Urban Equipe nun zusammen mit Nextzürich vorantreibt. Mit vereinten Kräften wollen wir ein richtiges Brettspiel schaffen.
Was meinst du mit einem richtigen Brettspiel?
Ein Spiel, bei dem man böse sein darf, die Mitspieler*innen provozieren kann und strategisch denken muss, um zu gewinnen. Sprich kein belehrendes Vermittlungsspiel, sondern eines, das lebt und so richtig Spass macht – und nebenher unterhaltend Wissen vermittelt.

Und wie spielt man Verdichtung?
Die Spielenden nehmen dafür unterschiedliche Rollen ein und müssen deren Interessen und Ansprüche an den Raum vertreten. Angefangen bei einem Investor mit Interesse an einer hohen Rendite, über einen Denkmalpfleger, der möglichst viel Bausubstanz erhalten möchte, bis hin zur Genossenschaftspräsidentin, die sich für günstigen Wohnraum einsetzt. Durch diese – zugegeben teilweise etwas überspitzen Rollen – werden die Spieler*innen ermutigt, über die persönliche Position hinauszusehen.
Egal welche Rollen respektive Interessen dann im Verlauf des Spiels Überhand nehmen und gewinnen, zeigt dies den Spielenden die Diversität und Komplexität der unterschiedlichen Ansprüche, deren Auswirkungen aufeinander und vor allem auch auf die Entwicklung der Stadt als grosses Ganzes.
Und wie soll das Spiel aussehen?
Es soll ein klassisches Brettspiel mit Spielfiguren sein. Ob wir dafür aber eine oder mehrere Städte als Basis nehmen oder aber eine abstrakte, anonyme Stadt verwenden ist noch offen. Ebenfalls offen ist, wie viele Rollen und Raumzonen wir letztendlich einbinden.
Es wird dabei einerseits ein physisches, hochwertiges Brettspiel für Workshops produziert, andererseits die Pläne und Spielanleitung als Equipment geteilt, so dass sich Interessierte das Spiel selber zusammenbasteln können.
Welches Ziel soll mit Conflicity erreicht werden?
Wir haben gleich zwei übergeordnete Ziele: Wir wollen unterhalten und wir wollen Frontendenken zum Thema städtischer Verdichtung abbauen. Zugegeben nicht immer ganz leicht, beide Ziele miteinander zu verbinden.
Konkret soll das physische Brettspiel als auflockernde und zugleich fachliche Einleitung für Stadtplanungs-Workshops eingesetzt werden. Denn wir sind überzeugt davon, dass eine spielerische Auseinandersetzung mit räumlichen Ansprüchen und Konflikten eine optimale Grundlage für konsensorientierte Diskussionen liefern kann. Und davon profitiert schlussendlich nicht nur der Workshop, sondern die ganze Stadt.
Und wenn das Spiel dann so unterhaltsam ist, dass sich auch interessierte Einzelpersonen die Vorlage des Conflicity Spiels auf der Urban Equipe Webseite runterladen, zusammenbauen und es im Freundeskreis und in der Familie spielen, und dabei etwas über die Stadtentwicklung und Möglichkeiten der Partizipation lernen, dann wäre auch mein ganz persönliches Wunschziel erreicht!


Und wie entsteht aus einem Spielkonzept ein physisches Brettspiel? Wie geht ihr dabei vor?
Wir spielen laufend am Prototypen. Während dem Spielen in der Gruppe kommen immer wieder neue Ideen auf, es sprudelt regelrecht. Der schwierigere Teil ist dann das Einbinden der Ideen in die bestehenden Regeln. Und danach spielen wir wieder von Neuem. Das Spiel entsteht sozusagen während dem Spielen, fast schon spielerisch.
Wie kann man sich den aktuellen Prototypen vorstellen?
Bisher ist es nicht viel mehr als selbst ausgedruckte Papiere und Bausteine aus einem Bastelkasten. Mehr braucht es nicht, um die Spiellogik unter uns zu testen und zu optimieren.
Stichwort Fachblindheit: Wird das Spiel auch extern getestet?
Klar, Feedback von aussen ist für uns in der aktuellen Phase unabdingbar. Wie gesagt sprudelt es bei uns nur so an Ideen und möglichen Erweiterungen. Da wir aber alles super wichtig finden und den Anspruch auf Vollständigkeit in uns tragen, fällt es uns schwer zu unterscheiden, welche Details das Spiel unnötig verkomplizieren und verlangsamen. Und so allenfalls den Spassfaktor lähmen.
Bis zum Frühling soll ein erster Prototyp produziert und innerhalb von Nextzürich, über die Spielgruppe hinaus, getestet und nochmals vereinfacht werden. In einem zweiten Schritt wollen wir es ausserhalb des Fachkreises von der interessierten Bevölkerung spielen lassen. Auf diesen Praxistest freue ich mich extrem – zugegeben mit einer Mischung aus Neugier und Nervosität.
Gibt es weitere Kompliz*innen, mit denen ihr gerne zusammenarbeiten würdet?
Für die physische Herstellung würden wir gerne auf Spielexpert*innen, zum Beispiel aus Spielvereinen oder Spielläden, zugehen. Dies einfach, weil wir im Thema Spieldesign (noch) keine Experten sind. Falls sich hier beim Lesen bereits jemand angesprochen fühlt, freuen wir uns natürlich über Kontaktaufnahme.
Wenn du dir zum Thema Verdichtung etwas wünschen könntest, was wäre es?
Dass mehr Menschen bei Verdichtung mitreden, dass eine konstruktive Zusammenarbeit aufgebaut wird und dass mehr konsensorientierte Lösungen gesucht werden.
Weniger Frontendenken, mehr Do it together!
Zum Schluss: Welche drei Worte fassen das Projekt am besten zusammen?
Spiel, Spannung und Verdichtung
Über Lars...
Wohn- & Lieblingsort? Hallwylplatz
Lieblingsstadt? Amsterdam (und Züri)
Hintergrund? Zur Zeit im Msc. Raumentwicklung und Infrastruktursysteme, ETH Zürich
Urban Equipe Hut? Spiele und Online Participation Platform
Projekte, die dich inspirieren? Hansbank, Park Platz, CityIO vom MIT