Jedes zivilgesellschaftliche Engagement sieht sich immer mal wieder mit Kommunikationsaufgaben konfrontiert. In diesem How-to findet ihr eine Anleitung um in einem kollaborativen Prozess ein einfaches Konzept zu erstellen, welches euch das Kommunizieren vereinheitlichen und vereinfachen kann.
Wozu ein Konzept?
Ein Engagement kann seine Wirkung erst entfalten, wenn es von den richtigen Rezipient*innen gehört, gesehen und verstanden wird. Entsprechend sind Kommunikation und Werbung auch im Non-Profit-Bereich allgegenwärtig. Der Fokus liegt dabei im Gegensatz zum kommerziellen Bereich jedoch oft auf Wissensvermittlung, Sensibilisierung oder Aktivierung. Organisatorisch wird die Kommunikationsaufgabe oft neben anderen Hauptaufgaben erledigt. Umso wichtiger ist es, sie gleich zu Beginn strategisch und effizient aufzubauen.
Ideal, wenn ihr …
- ...eurem Engagement Gehör verschaffen wollt.
- ...noch keine Kommunikationsexperten seid.
- ...Kommunikation als kollaborativen Prozess angehen möchtet.
- ...eure Sprache formell und inhaltlich nach den Empfänger*innen ausrichten möchtet.
- ...effizient und wirkungsvoll kommunizieren wollt.
Schritt für Schritt

Jeder der folgenden Schritte ist ein zentraler Bestandteil des Kommunikationskonzeptes. Wenn ihr euch die Fragen erarbeitet respektive beantwortet, und gleich schriftlich dokumentiert, steht der Inhalt des Konzeptes. Dieses könnt ihr natürlich nach Belieben erweitern. Die How-to Schritte können auch gleich als Inhaltsverzeichnis des Konzeptes dienen.
1. Zielbild
Am Anfang eines Kommunikationskonzeptes steht immer die Reflexion über die übergeordnete Vision sowie projektspezifische Ziele.
Was ist eure Vision?
Hier beschreibt ihr, das Herz und den Motor eures Engagements. Dieses übergeordnete Ziel treibt euch an und zeigt zugleich eure Werte auf. Versucht eure Vision hier gross zu denken, sprich über den eigenen Tellerrand hinaus und mit Blick auf übergeordnete gesellschaftliche oder systemische Strukturen zu formulieren.
Was ist eure Mission?
Hier beschreibt ihr ganz konkret, was eure Lösung oder euer Beitrag ist, den ihr zur Annäherung an die formulierte Vision leistet. Versucht nun so konkret wie möglich zu sein und den eigenen Einfluss realistisch zu bestimmen. Denn ein gut organisiertes hyperlokales Engagement kann mehr Wirkung erzeugen als ein verwässertes Grossprojekt.
Dazu könnt ihr euch folgende Fragen stellen:
- Welche Wirkung wollt ihr erzeugen? Geht es ums Informieren und um Diskurs oder um konkrete Einstellungs- und Verhaltenswechsel?
- Was ist eure Aufgabe? Wollt ihr zuhören oder helfen, wollt ihr sensibilisieren oder provozieren, wollt ihr aktivieren?
- Wie viel personelle und finanzielle Ressourcen sind vorhanden?
- Wie gross setzt ihr euren Aktionsradius? Wohnstrasse, Quartier oder ganze Stadt?
Prozess-Tipp
Die Antworten auf diese Fragen sollten nicht alleine im stillen Kämmerchen, sondern kollaborativ mit allen Beteiligten erarbeitet werden. Eine Möglichkeit dafür bietet ein Workshop, in welchem jede*r versucht, Vision und Mission in je drei Sätzen auszudrücken. Daraus erarbeitet ihr schliesslich eine gemeinsame Version und haltet diese schriftlich im Konzept fest.
2. Zielgruppe
Auf Basis der formulierten Ziele könnt ihr eure Zielgruppe ableiten: Wer muss von eurem Engagement erfahren, damit es die gewünschte Wirkung erzielen kann?
Um die Zielgruppe möglichst genau zu definieren, könnt ihr euch folgende Fragen stellen:
- Ist die Zielgruppe homogen oder sind es mehrere Sub-Gruppen?
- Wie lässt sich die Zielgruppe charakterisieren (z.B. nach demographischen Merkmalen)?
- Werden unterschiedliche Sub-Zielgruppen gleichzeitig oder in unterschiedlichen Projektphasen angesprochen?
- Ist die erwünschte Wirkung bei allen Sub-Zielgruppen dieselbe oder kann sie weiter präzisiert werden?
>>Tipp: Neben klassischer Empfänger*innengruppen könnt ihr mögliche Multiplikatoren wie Kompliz*innen und Medien als sekundäre Zielgruppe mitdenken.
3. Formale Kriterien
Damit die Zielgruppe eure Kommunikation versteht, sollte die Sprache auf sie ausgerichtet werden. Versucht euch dafür in die entsprechenden Empfänger hineinzuversetzen.
Ausrichtung basierend auf Zielen:
- sachliche Informationen, provozierende Fragen oder Unterhaltung und Inspiration?
- theoretisch oder anwendbar und umsetzungsorientiert?
Ausrichtung basierend auf Zielgruppe:
- Laien vs. Experten: Wie einfach oder komplex soll die Sprache sein?
- Art der Community: Wie formell oder persönlich ist der Ton und die Ansprache? Mit oder ohne Höflichkeitsform?
- Exklusiv oder Inklusiv: Sind Rezipient*innen Teil des Engagements oder blosse Empfänger*innen?
>> Tipp: Wenn ihr eine heterogene Ziel-Gruppe habt und diese nicht immer gesondert sondern als Ganzes ansprechen wollt, ist es empfehlenswert, auf eine einfache, für alle verständliche Sprache zu setzen.
Prozess-Tipp
Für alle identifizierten formalen Kriterien sollten konkrete Sprachbeispiele gemacht, dokumentiert und mit allen Beteiligten geteilt werden. Vergesst nicht, diese laufend zu optimieren respektive zu erweitern.
4. Begriffe
Damit ihr eure zentralen Aussagen nicht immer wieder neu formulieren müsst, hilft es ein Glossar der zentralen Begriffe aufzubauen.
- Welche Begriffe wollt ihr besetzen? Warum? (siehe auch Werte in Vision & Mission)
- Wie definiert ihr diese Begriffe (zwecks klarem Verständnis)?
- Welche Begriffe wollt ihr hingegen wenn immer möglich vermeiden? Warum?
Prozess-Tipp
Jede*r Mitwirkende ist Sprachrohr des Projektes: Damit die Aussenwahrnehmung möglichst klar und konsequent ausfällt, kann vor Startschuss oder generell vor öffentlichen Auftritten ein kurzes Kommunikationstraining sinnvoll sein:
- Im Team werden die zentralsten Fragen gesammelt und auf Personen verteilt.
- Kurze Vorbereitungszeit basierend auf formalen Kriterien und zentralen Inhalten.
- Die Antworten werden im Team vorgestellt und gemeinsam verfeinert.
- Optional: Daraus kann bei langfristigen Projekten eine Liste aller zentralen Fragen und Antworten (Q&A) entstehen.
5. Kommunikative Inhalte
Jetzt geht es an die konkreten Inhalte: Über welche Themen wollt/könnt/müsst ihr sprechen? Was interessiert eure Zielgruppe?
- Ideensammlung: Startet eine Ideensammlung aller relevanten Kommunikationsinhalte und holt dafür so viele Inputs wie möglich aus dem gesamten Team und idealerweise auch direkt von der Zielgruppe.
- Kategorien bilden: Bündelung der Ideen in Content Kategorien
- Gewichtung der Kategorien: Welche Kategorien sollten in der Kommunikation wie viel Platz erhalten? Welche dienen euren Zielen? Welche sind eher Beigemüse? (z.B. Team, Veranstaltungen, News etc.)
>> Tipp: Ihr müsst nicht alles neu erfinden: Recherchiert und lasst euch von anderen Engagements und Good Practices inspirieren. Achtet dabei aber darauf, dass ihr nicht kopiert, sondern immer eure eigene Form, Werte und Inhalte reinbringt!
6. Kanäle
Eure Inhalte können über verschiedene Kanäle an die Zielgruppe(n) gelangen und sollten formell auf Charakteristika der Kanäle angepasst werden.
Folgende Fragen sind für die Verbreitung der Inhalte wichtig:
- Auf welchen Kanälen erreiche ich meine Zielgruppe(n)?
- Welche dieser Kanäle nutzen wir bereits? Welche könnten wir neu aufbauen? (Webseite, Blog, Newsletter, Social Media, Business Netzwerk etc.)
- Welche Inhalte passen zu welchen Kanälen?
- Wie können Inhalte optimal für verschiedene Kanäle aufbereitet werden?
Tipp
Für die Community ist es wenig spannend, auf allen Kanälen genau dasselbe zu sehen/lesen. Versucht daher für all eure bewirtschafteten Kanäle inhaltliche und formale Schwerpunkte zu setzen (Text vs. Bilder, Tonalität, Interaktion, etc.).
Während z.B. auf Facebook Veranstaltungen sowie unterhaltsame Inhalte rege geteilt werden, funktionieren auf LinkedIn primär sachliche Infos und Medienbeiträge, bei Instagram hingegen ansprechende Bilder & Videos.
Achtung
Das laufende Bespielen der Kanäle mit passenden, meist eigens dafür produzierten Kommunikationsinhalten kann schnell zum Full-Time Job werden. Oft stehen dafür jedoch im zivilgesellschaftlichen Engagement nur begrenzte personelle und finanzielle Ressourcen zur Verfügung. Hierzu ein paar Tipps aus unserer Erfahrung:
Multiplikatoren suchen: Für welche anderen Communities könnten unsere Inhalte relevant sein? Proaktiv auf die entsprechenden Communities oder Medienportale zugehen und nach Möglichkeiten der Kooperationen suchen. So kann man besonders als Non-Profit Akteur*in Reichweite trotz fehlendem Budget aufbauen.
Relevanz hinterfragen: Es gibt immer noch gefühlt 1000 Ideen, die man "schnell" noch produzieren/kommunizieren könnte. Ihr spart viel Zeit, wenn ihr euch auf Relevantes respektive eurer Mission Dienliches beschränkt.
Synergien: Man muss auch nicht immer alles selber neu erfinden. Nutzt Informationen aus eurem Netzwerk und von Partner*innen, um diese mit eurer Community zu teilen oder recycelt eigene Inhalte nach gewisser Zeit.
dazugehöriges Equipment
Equipment nutzen
Unser Equipment will von euch kopiert, geteilt und je nach individuellen Bedürfnissen weiterentwickelt werden. Wir erwarten dabei bloss, dass ihr jeweils auf uns und allfällige Kompliz*innen verweist:
Lizenz: CC BY 4.0 | Urban Equipe
Zitiervorschlag: „Dieses Equipment ist unter CC BY 4.0 lizenziert. Es stammt von der Urban Equipe. Der Originaltext bzw. die Originalversion befindet sich hier [Link einfügen].”
Feedback, Kritik, Ideen & Wünsche
Wir lernen laufend und im Laufen! Lauft mit uns und teilt eure Erfahrungen, Ideen und Eindrücke mit uns!
Habt ihr Anmerkungen, Kritik oder Ergänzungen zu diesem spezifischen Equipment? Unser Equipment steckt noch in den Kinderschuhen und entwickelt sich nun stetig weiter. Wir freuen uns daher enorm zu hören, wie es bei euch ankommt, ob es verstanden und genutzt wird. Oder eben nicht.
Oder habt ihr Ideen für weitere Gelegenheiten oder Equipments, die wir vielleicht sogar zusammen mit euch erarbeiten können? Kennt ihr Projekte, die ihr gerne hier aufgearbeitet und dokumentiert sehen würdet?
Wir freuen uns via equipment@urban-equipe.ch davon zu erfahren.