Equipment

Die Plattform Betri Reykjavik

  • Praxisbeispiel | Umsetzung
erstellt: 28.06.19 / aktualisiert: 25.10.21

Betri Reykjavik ist die Participatory Budgeting Plattform von Reykjavik, welche bereits seit mehreren Jahren erfolgreich Ideen aus der Bevölkerung sammelt und realisiert. Die Plattform wurde in Reykjavik auf verschiedene Themenbereiche angewendet und bereits mehrfach in andere Städte transferiert. Wir stellen euch die Entstehung und Funktionsweise dieser inspirierenden Umsetzung vor und zeigen auf, wie ihr selber mitwirken könnt.

Auf einen Blick

Was: Betri Reykjavik ist eine Online-Partizipationsplattform nach dem Prinzip des partizipativen Budgets für die Stadt Reykjavik. In einem jährlichen Durchlauf stellt die Stadt ein Budget zur Verfügung, mit dem beliebte Ideen aus der Bevölkerung umgesetzt werden.
Wer:
Citizens Foundation | Stadt Reykjavik
Wann:
seit 2010
Wo:
Reykjavik, Plattform weltweit kopiert.

Kontext

Vor der Wahl im Jahr 2010 wurde von der neu gegründeten Partei "Besti flokkurinn" (Beste Partei) versprochen, dass eine Partizipationsplattform realisiert wird. Die Plattform würde Bewohner*innen ermöglichen, direkte Demokratie auszuüben. Die Open-Source-Plattform ‘Betri Reykjavík’ (B​esseres Reykjavik)​ sammelte dazumal bereits Ideen der Nutzer*innen und liess sie diese online diskutieren.

Unter dem damaligen Bürgermeister Jón Gnarr wurde das Projekt erweitert und aus Betri Reykjavík heraus wurde das Mitwirkungsverfahren "Hverfið mitt" (M​ein Quartier​) entwickelt. Dieses übernimmt planungsbezogene Ideen von der Website Betri Reykjavik für das Ausarbeitungs- und Abstimmungsverfahren und setzt sie um.

Heute ist Betri Reykjavik stark in der Gesellschaft verankert und wird, nebst dem Mitwirkungsverfahren Hverfið mitt auch für andere Themenbereiche eingesetzt, z.B. um Ideen für den zukünftigen Universitätscampus zu sammeln.

Ausgangslage

Bewohner*innen einer Stadt können je nach politischem System mehr oder weniger an der Entwicklung ihrer Stadt mitwirken. So entgeht der Verwaltung einerseits oft viel kleinräumiges Expertenwissen von den Nutzer*innen des Raumes. Und für die Nutzer*innen fehlt andererseits das Gefühl des Mitwirkens in dem von ihnen tagtäglich genutzten Raum.

ziel

Die Verbindung von Betri Reykjavik und Hverfið mitt sollen Ideen und Wünsche der Bevölkerung sammeln, priorisieren und die beliebtesten davon umsetzen.

Herangehensweise

Das quartierplanungsbezogene Mitwirkungsverfahrenskonzept Hverfið mitt sammelt Ideen der Bevölkerung bezüglich:

  • dem Umfeld und des Freiraums in den Quartieren,
  • den Aufenthaltsmöglichkeiten oder
  • dem Zustand des Langsamverkehrs und des öffentlichen Verkehrs.

Der gesamte Prozess läuft wie folgt ab:

  1. Budgetierung der finanziellen Ressourcen und Aufteilung nach Quartier durch Politik und Verwaltung
  2. Ideensammlung der Bevölkerung nach vorgeschriebenen Voraussetzungen
  3. Erste Abstimmung über die beliebtesten Projekte
  4. Fachliche Überarbeitung (Weiterentwicklung der Ideen zu Projekten) / Überprüfung der Machbarkeit
  5. Projektabstimmung der Bevölkerung
  6. Realisierung der beliebtesten Projekte

Durch dieses Verfahren werden jährlich Projekte für insgesamt 3,6 Mio. € realisiert, was ca. 1 % des städtischen Investitionsbudgets entspricht. Alle in Reykjavik gemeldeten Einwohner*innen ab 16 Jahren, unabhängig von ihrer Herkunft, dürfen mitbestimmen. Im Jahr 2017 haben 10,9% der Bevölkerung die Partizipationsplattform benutzt. Um sicherzustellen, dass die Ideen effizient und im Sinne des/der Ideengeber*in umgesetzt werden, hat die Stadt Reykjavik eine Projektleitungsstelle geschaffen. Diese fungiert als Schnittstelle zwischen den Ämtern und ist für die Umsetzung der Ideen verantwortlich.

>> In der Demo-Version von Hverfið mitt könnt ihr den vereinfachten Prozess selber durchspielen.

Impressionen1/3

Inspirierend, weil...

… die Plattform ein erfolgreiches und bewährtes Beispiel für die Umsetzung eines partizipativen Budgets ist.
… die Open-Source-Plattform frei zur Verfügung gestellt wird und somit schon in diversen anderen Städten weltweit eingesetzt werden konnte.

>> Betri Reykjavik diente auch als Inspirationsquelle für unser gemeinsam mit Nextzürich erarbeitetes Gedankenexperiment “Quartieridee": ein Konzeptpapier, welches eine partizipative Budget Plattform für Zürich vorschlägt.

So könnt ihr mitwirken

Ihr interessiert euch für ein partizipatives Budget in eurer Stadt? Anstatt zu warten und zu hoffen, dass ihr bald via Plattform mitwirken dürft, könnt ihr euch für die Einführung einer solchen Lösung in eurer Stadt engagieren. Macht euch auf die Suche nach Gleichgesinnten und geht mit eurem Anliegen auf lokale Akteur*innen zu (z.B. Quartiervereine, Nachbarschaftshilfen oder Kontakte aus der Verwaltung). Ihr werdet sehen: Die Idee ist bekannter als man denkt – ihr fehlt oft nur eine gemeinsame Stimme.

So haben wir es selber mit der Quartieridee in Zürich erlebt: Wir haben in Quartiervereinen gleichgesinnte Partner*innen gefunden und arbeiten nun gemeinsam darauf hin, dass die Quartieridee in Zürich hoffentlich zu einer Realität wird.

Equipment nutzen

Unser Equipment will von euch kopiert, geteilt und je nach individuellen Bedürfnissen weiterentwickelt werden. Wir erwarten dabei bloss, dass ihr jeweils auf uns und allfällige Kompliz*innen verweist:

Lizenz: CC BY 4.0 | Urban Equipe

Zitiervorschlag:
„Dieses Equipment ist unter CC BY 4.0 lizenziert. Es stammt von der Urban Equipe. Der Originaltext bzw. die Originalversion befindet sich hier [Link einfügen].”

Kontaktlinks: Citizens Foundation | Your Priorities | Stadt Reykjavik

>> Wir haben Betri Reykjavik lediglich beobachtet und als inspirierendes Beispiel dokumentiert, jedoch nicht in deren Entwicklung mitgewirkt. Für weiterführende Informationen empfehlen wir euch direkten Kontakt mit den Betreiber*innen der Plattform aufzunehmen.

feedback, kritik, ideen & wünsche

Wir lernen laufend und im Laufen! Lauft mit uns und teilt eure Erfahrungen, Ideen und Eindrücke mit uns!

Habt ihr Anmerkungen, Kritik oder Ergänzungen zu diesem spezifischen Equipment? Unser Equipment steckt noch in den Kinderschuhen und entwickelt sich nun stetig weiter. Wir freuen uns daher enorm zu hören, wie es bei euch ankommt, ob es verstanden und genutzt wird. Oder eben nicht.

Oder habt ihr Ideen für weitere Gelegenheiten oder Equipments, die wir vielleicht sogar zusammen mit euch erarbeiten können? Kennt ihr Projekte, die ihr gerne hier aufgearbeitet und dokumentiert sehen würdet?

Wir freuen uns via equipment@urban-equipe.ch davon zu erfahren.